Ferrara: vitales Universitätsstädtchen mit UNESCO-Welterbe-Status für ausgezeichnet erhaltene Renaissance-Architektur. Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, die im Nordosten des italienischen Stiefels liegt, dort, wo Italiens längster Fluss, der Po, ein Delta bildet, bevor er sich in die Adria ergiesst. Zu jeder Jahreszeit lohnt es, Ferrara mit seinen faszinierenden Bauwerken, Plätzen und Strassen einen Besuch abzustatten. Der Mai allerdings ist eine ganz besondere Jahreszeit. Dann wird der traditionelle Palio abgehalten und zieht Schaulustige von Nah und Fern in seinen Bann.

Palio wurden in vergangenen Jahrhunderten waghalsige Pferderennen genannt, bei denen verschiedene Bezirke einer Stadt um eine Trophäe und ums Prestige konkurrierten. So auch in Ferrara, wo dieser Wettbewerb der Stadtteile erstmals im Jahre 1279 ausgetragen wurde. Auf dieses Datum sind die Ferraresi stolz. Denn damit gehört ihr Palio zu den ältesten in der ganzen Welt.

Der dem Schutzpatron San Giorgio gewidmete Palio von Ferrara wird zwischen acht Bezirken ausgetragen. Da sind die vier Rioni innerhalb der bis heute erhaltenen Stadtmauer gelegen, und die vier Borghi – Stadtteile, die ausserhalb der Mauern liegen. Jeder dieser historischen Bezirke hat seine Wappen und Flaggen, die beim Palio akkurat geschwungen und durch die Strassen getragen werden. Mit Trommeln, Fanfahren und Trompeten, mit Flaggen und Blumengirlanden werden in diesem Jahr am 18. Mai wieder Frauen und Männer durch das Centro Storico ziehen. Magnifico Corteo heisst dieser Teil der Veranstaltung. Mehr als 1000 Akteure in historischen Kostümen sind dabei auf den Beinen. Mit ihrem Defilee vor der Tribüne erweisen sie „ihrem Herzog“ die Ehre.

In den Köpfen noch heute präsent: die Herzöge von Este

Das Herzogtum Ferrara wurde drei Jahrhunderte lang von den Herzögen aus dem Hause d’Este, einem der ältesten Adelsgeschlechter Italiens, regiert und erlebte dabei ab dem 15. Jahrhundert seine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Die Erinnerung an dieses Kapitel der Stadtgeschichte wachzuhalten – darum geht es den Beteiligten, die Jahr für Jahr mit dem Palio die Gesellschaft der Renaissance und deren Gepflogenheiten in der Gegenwart holen und erlebbar machen.

Der Magnifico Corteo gehört zweifelsfrei zu den Höhepunkten der Palio-Veranstaltungen. Diese beginnen allerdings schon am 4. Mai mit der Segnung der Reiter in Ferraras imposanter, aus weissem Marmor errichteten und dem Schutzpatron San Giorgio geweihten Kathedrale. Am 11. und 12. Mai präsentieren sich dann die Fahnenschwenker und Fahnenschwenkerinnen – so viel Zugeständnis an moderne Zeiten soll sein – auf der Piazza del Municipio, wo das Publikum reichlich Gelegenheit hat, Kostüme und Wappen in Augenschein zu nehmen.

Der Tag des grossen Rennens ist der 25. Dann gehen Mädchen und Jungen an den Start und sprinten für den Sie ihres Stadtteils. Auch ein Eselrennen wird ausgetragen. Bevor schliesslich vollblütige Rennpferde auf der Piazza Ariostea  für Spannung und Adrenalinkicks sorgen. Einheimische und Gäste fiebern mit ihren Favoriten, feuern die Reiter ihres Borgo oder ihres Rione an. An den Tagen vor dem eigentlichen Wettkampf finden bereits Proberennen statt, bei denen Zuschauer willkommen sind und schon mal Palio-Atmosphäre inhalieren und sich auf den absoluten Höhepunkt der Veranstaltungsreihe einstimmen können.

Stadt, Land, Fluss – es gibt viel zu entdecken

Ein Besuch des Palio lässt sich bestens mit einem kleinen Urlaub in der Stadt verbinden. Ferrara hält jede Menge Sehens- und Erlebenswertes bereit – das trutzige Castello Estense, Galerien, Museen, in der Renaissance angelegte Parks und die mittelalterliche Stadtmauer, die sich sogar mit dem Rad befahren lässt. Bei diversen geführten Thementouren können Interessierte tiefer in die Stadtgeschichte eintauchen, beispielsweise Spannendes über die berühmtesten Palazzi und ihre Besitzer oder über „das jüdische Ferrara“ einer vergangenen Epoche erfahren.

Das Umland der Provinzhauptstadt überrascht selbst Viel-Italienreisende mit seinen noch nicht ausgetretenen Touristenpfaden. Burgen, Türme, Kirchen, Abteien und herzogliche Sommerresidenzen liegen rund um Ferrara wie Perlen in die Landschaft gestreut und bieten sich als Ausflugsziele an. Das Po-Delta ist eine Naturoase, die man auf Exkursionen mit dem Boot ebenso wie bei entspannten Radtouren durch flaches Land erkunden kann. Ornithologen begeistert dieser Landstrich mit einer Vielzahl von Brutvögeln, die sie mit etwas Glück vor die Fernglaslinse bekommen. Wem der Sinn nach langen Strandspaziergängen oder dem An-Baden in der Adria steht, ist in den „Lidi“ richtig. Sieben Badeorte gehören zur Provinz Ferrara, erstrecken sich vom Lido di Volano bis zum Lido di Spina bei Comacchio, einem historischen Handelsstädtchen im Delta-Land, das ebenfalls einen Abstecher lohnt.

Weitere Informationen:

www.paliodiferrara.it

www.ferraraterraeacqua.it

Weiter Informationen unter www.podeltatourism.it/de/ 

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